„Das ist die Berliner Luft, Luft Luft…

Berlins Hymne wird 100 !

 - von Oliver Lüsch -

Mit dem legendären Gassenhauer „Berliner Luft“ hat der Komponist und Ehrenbürger Berlins, Paul Lincke, im Jahre 1904 einen echten Berliner „Ohrwurm“ geschaffen. Zusammen mit dem „Glühwürmchen-Idyll“ oder dem Walzer „Schlösser, die im Monde liegen“ gehört er in die fantastische Operettenwelt der Mond-Regentin und flotten Witwe „Frau Luna“. Diese bekannteste Berliner Operette ist im Mai 2004 in Linckes altem Kiez zur Aufführung gekommen: In der Jacobi-Kirche Kreuzberg. Hatten sich bereits Linckes Eltern in der damals neu erbauten Kirche trauen lassen, so wurde auch der am 7. November 1866 geborene kleine Paul dort mit echtem Spreewasser getauft. Schräg gegenüber der Kirche, in der Oranienstr.64, vis a vis dem heutigen Aldi-Markt, lebte und arbeitete Paul Lincke später viele Jahre.

Schon von Kindesbeinen an zeigte Paul großes Interesse für Musik, lief jeder der damals vielen Militärkapellen nach und wusste genau: er wollte Militärmusiker werden. Glücklicherweise fand er 1880 bei der Stadtkapelle von Wittenberge eine Lehrstelle und lernte in kürzester Zeit das musikalische Handwerk. Als Lincke 1884 nach Berlin zurückkam, erlebte er eine bittere Enttäuschung: Wegen Schmalbrüstigkeit wurde ihm die gewünschte Laufbahn als Militärmusiker verwehrt. Er fand dann eine Anstellung als Fagottist im Central-Theater in der Alten Jakobstraße, ging später als Korrepetitor ans Ostende-Theater, komponierte Lieder und Couplets und bewies im Engagement am Parodie-Theater am Moritzplatz sein Gespür für musikalische Parodien auf bekannte Opern.

Frau Luna und die Mondleute

Linckes zündende Melodien und seine musikalische Flexibilität hatten sich inzwischen bis Paris herumgesprochen, wo er während seines zweijährigen Engagements das berühmte Orchester des Theatre Folies Bergeres dirigierte und das spezielle Pariser Fluidum kennen lernte. Doch seine Liebe galt immer Spree-Athen, wohin ihn das Apollo-Theater in der Friedrichstraße zurückholte.

Die Gründerjahre hatten in Berlin einen beachtlichen industriellen und technischen Forschritt bewirkt. Die ersten Automobile holperten über die dafür nicht ausgestatteten Straßen, elektrische (Untergrund-) Bahnen nahmen quietschend ihren Betrieb auf. Die Ära der tollkühnen Männer in ihren fliegenden Kisten war angebrochen und der Flugpionier Otto Lilienthal hatte bereits seinen Wagemut mit dem Leben bezahlen müssen.

Dies war das Umfeld für die Träume von Flügen auf den Mond und in die exotische Ferne und für die Ballon-Konstruktionen des Berliner Tüftlers Fritz Steppke, einer Hauptfigur der Operette „Frau Luna“. Da segelten also zum ersten Mal am 1.Mai 1899 , erfunden von Bolten-Baeckers und musikalische beflügelt vom Kompositeur Lincke, quirlige Berliner zum silbernen Mondgestein und brachten das Himmelreich mächtig in Bewegung. Doch auf dem Mond ist auch nicht alles Gold bzw. Silber, was da glänzt. So erkennt Steppke am Ende seines Traumes, dass „Schlösser, die im Monde liegen“ nur Kummer bringen, wendet sich ab von der Partyqueen „Frau Luna“ und feiert in den Aufführungen in der Jacobi-Kirche Hochzeit mit seiner Marie und den 100.Geburtstag der „Berliner Luft“ mit vielen Berlinern.

die Berliner erklären Prinz Sternschnuppe den Express-Ballon
Frau Pusebach - sprachlos!
Warten auf den Schutzmannmarsch
die "Chansonette" Flora Huschke
Frau Luna, Steppke und das Sternenballett

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde es stiller um den Stardirigenten. Lincke kümmerte sich größtenteils um den von ihm gegründeten Apollo-Verlag mit Sitz auch in der Oranienstraße 64. Lincke wurde Zeuge der „goldenen“ Zwanziger und der braunen Dreißiger und musste schließlich mit ansehen, wie ihm gut bekannte Komponistenkollegen und Operettenstars über Nacht Deutschland verließen, um ihr Leben zu retten.

1943 wurde der inzwischen zum Professor und Ehrenbürger Berlins ernannte Lincke eingeladen, in Marienbad noch einmal seine Erfolgsoperette zu dirigieren. Er folgte dem Ruf, und das war sein Glück, denn kaum hatte er Berlin verlassen, gingen seine Wohnung und sein Verlagsgebäude im Bombenhagel unter. Das Kriegsende verschlug ihn nach Hahnenklee im Harz. Von hier aus bemühte er sich um eine Rückkehrmöglichkeit in das zerstörte Berlin. Am 4. September 1946 traf die Zuzugsgenehmigung und Wohnungszuweisung ein – einen Tag, nachdem Paul Lincke verstorben war. Auf dem Friedhof von Hahnenklee fand er seine letzte Ruhestätte.

Mondputzkolonne - "Putzet fein das Gestein"
Paul Lincke 1946
Hochzeit von Marie und Steppke - happy end!

„Mit meiner „Frau Luna“ brachte ich flotte Rhythmen als echtes Berliner Element auf die Bühne, etwas vom kecken Berliner Unternehmungsgeist. (…)Man muss jedoch nicht annehmen, dieses Berlinische in „Frau Luna“ sei Ergebnis langen Nachdenkens oder gar einer Spekulation gewesen. Im Gegenteil, ich habe meine Melodien immer so niedergeschrieben, wie sie mir eingegeben wurden. Dass aus ihnen die Berliner Operette entstand, hat seinen Grund wohl nicht zuletzt darin, dass ich mit Leib und Seele Berliner bin.“

Paul Lincke

"Mondlandung" - "ein kleiner Schritt für einen Berliner,..."
Tanz auf dem Hochzeitsfest - "...dreht nach lust´gen Klängen euch im Kreis herum..."
Die Großnichte Paul Linckes, Frau Linke-Madersbacher und Oliver Lüsch mit dem Taufbuch-Eintrag
"backstage"
"Hurra, wir fliegen!"
"...die paar Tröpken..."
"Een Automobil, da sind ja keene Pferde vor! - Ja, weil meestens n Esel drin sitzt."
der Mond über Berlin
Pressestimmen zur Inszenierung:

Berliner Morgenpost

Der Tagesspiegel

BZ

Der Berlina kennt keene Angst nich!